Schwarze Tollkirsche, Atropa belladonna
Nachtschattengewächse, Juni - Juli, 50 - 150 cm
Bild vergrößern!Bild vergrößern!Giftpflanze
Vorkommen  Lichtungen, Waldwege; liebt nährstoffreiche, kalkhaltige Böden
Wirkstoffe  Hyoscyamin, Atropin, Scopolamin und andere Alkaloide in Beeren und ganzer Pflanze
Merkmale  Stängel und Blätter mit Behaarung; Blätter bis 15cm lang, oval, lanzettlich zugespitzt, im Bereich der Blüten jeweils ein kleines und großes Blatt paarweise; Blüten glockenartig, reife Beerenfrucht schwarz glänzend

Botanik
Das Nachtschattengewächs besitzt dunkelviolette Blüten mit einem fünfzipfeligen, grünen Kelch. Die schwarze Beerenfrucht ähnelt einer Kirsche, im unreifen Zustand ist sie grün. Im Sommer trägt die Pflanze gleichzeitig Blüten, sowie unreife und reife Früchte.

Geschichte
Die Pflanze wurde erstmals von Theophrast erwähnt und diente in der Antike als Schmerzmittel. Im alten Orient wurden die Wirkstoffe der Tollkirsche Bier und Palmwein zugesetzt. Schon die Sumerer verwendeten sie als Heilmittel. Im Krieg zwischen den Schotten und den Dänen im 11. Jahrhundert wurde die Tollkirsche als "chemische Waffe" eingesetzt: Die Schotten versetzten ihr dunkles Bier mit dem Beerensaft und verkauften dieses Bier den durstigen Dänen. Diese verfielen in einen Schlaf und konnten dadurch besiegt werden. Die Tollkirsche wurde auch als "Teufelsbeere" oder "Teufelskirsche" bezeichnet. Stets wurde vor der Giftigkeit der gesamten Pflanze und der Beeren gewarnt. Der Botaniker C. von Linné benannte den lateinischen Namen der Pflanze nach der griechischen Göttin Atropos (die den Lebensfaden der Menschen abschneidet). Der Artname "belladonna" bezieht sich auf die schönen Frauen, die früher ihre Pupillen mit einem Beerenextrakt erweitert haben sollen. Diese Wirkung geht auf das Atropin zurück. Im Jahr 1833 isolierte der deutsche Apotheker Mein erstmals Atropin aus der Tollkirsche.

Wirkstoffe
Vor dem Essen der Beeren oder des Pflanzenmaterials wird ausdrücklich gewarnt! Die Wirkstoffe befinden sich in der ganzen Pflanze. Das Hyoscyamin geht beim Trocknen der Blätter in Atropin über. Die tödliche Dosis liegt etwa bei zehn Gramm Pflanzenmaterial oder bei zehn bis zwanzig Beeren (bei Kindern drei bis vier Beeren). Geringere Dosen erzeugen Halluzinationen und Rauschzustände. So soll die Tollkirsche auch als Aphrodisiakum wirken. Eine medizinische Anwendung des Atropins als krampflösendes Mittel oder als Narkotikum darf nur in einer ärztlichen Behandlung erfolgen. In der Homöopathie werden sehr geringe Konzentrationen der "Belladonna" bei Fieber, Mittelohr- oder Mandelentzündungen eingesetzt. In der Augenheilkunde stellt das Atropin ein wichtiger Wirkstoff dar, da er das Auge ruhig stellt und die Schmerzempfindlichkeit herabsetzt, beispielsweise bei Entzündungen der Regenbogenhaut oder bei Hornhautgeschwüren.

Akute Vergiftung
Nach der Einnahme der Beeren oder der getrockneten Pflanze treten Unruhe- und Erregungszustände, Rededrang, Euphorie und bei größeren Mengen auch Halluzinationen, beschleunigte Atmung und Herzrhythmusstörungen auf. Problematisch an der Pflanze ist die unterschiedliche Wirkung bei verschiedenen Menschen. Bei manchen Menschen treten die gefährlichen Auswirkungen schon bei kleinsten Mengen auf. In gravierenden Fällen kommen auch Schreianfälle, Tobsucht oder Raserei vor. Als Hauptsymptome gelten: Rötung des Gesichts, Trockenheit der Schleimhäute, Beschleunigung des Pulses und Erweiterung der Pupillen. Die Wirkung hält in der Regel drei bis vier Stunden an. Es kann aber auch der Tod durch eine Atemlähmung folgen.

Gegenmaßnahmen
Es ist sofort eine Giftzentrale anzurufen. Die entsprechende und je nach Land gültige Giftnotrufnummer sollte immer beim Telefon bereitliegen. Ist diese nicht bekannt, kann man auch einen Arzt oder eine andere Notfallnummer anrufen. Allgemein sind betroffene Personen hinzulegen und warm abzudecken. Wichtig ist, dass sie sich ruhig verhalten und sich nicht unnötig bewegen. Entsprechende Maßnahmen zur gezielten Bekämpfung der Vergiftung sollte nur ein Arzt oder ein Rettungssanitäter durchführen. Der Arzt kann eine Magenspülung durchführen oder - falls es angebracht erscheint - Erbrechen verursachen. Als Gegengift wird Physostigmin eingesetzt. In der Erholungsphase werden auch Beruhigungsmittel und Mittel gegen Krämpfe verabreicht. Bei schweren Atemproblemen oder Komazuständen kommen eine künstliche Beatmung und weitere unterstützende Maßnahmen für den Kreislauf in Frage.

Hinweis: Die dargestellten Notfallmaßnahmen stellen keine Handlungsempfehlungen für medizinische Fachkreise dar, da die vorliegende Publikation zum Einsatz im Biologieunterricht gedacht ist.

Copyright: Thomas Seilnacht